Sandgräfin

· Deutschland · 20 Jhd ·

Wofür steht es?

Sandgräfin war ein in Deutschland genutzter Begriff, der sich auf Frauen bezog, die als Alibi-Partnerinnen für schwule Männer dienten. Die Bezeichnung verdeutlicht auf metaphorische Weise das Ziel, »den Leuten Sand in die Augen zu streuen« und so die wahre Identität der Männer zu verschleiern. Dieser Ausdruck entstammt der Zeit, in der Homosexualität nicht nur gesellschaftlich geächtet, sondern auch strafrechtlich verfolgt wurde. Stilistisch spiegelte sich das Symbol in formellen, öffentlich inszenierten Beziehungen wider, von Verlobungen bis hin zu Ehen.

Symbol

Wer nutze es?

„Sandgräfinnen“ waren oft enge Freundinnen oder lesbische Frauen, die bereit waren, schwule Männer zu unterstützen. Diese Alibi-Partnerschaften boten beiden Seiten Schutz: Männer konnten ihre Sexualität verbergen, während Frauen sich in einem konservativen, patriarchalen Umfeld teilweise vor unerwünschten männlichen Annäherungen schützen konnten. In einigen Fällen war dies auch ein gegenseitiges Arrangement innerhalb der queeren Gemeinschaft, etwa zwischen lesbischen Frauen und schwulen Männern.

Sandgräfin

Wann war das?

Die Praxis der „Sandgräfin“ war während der Adenauerzeit in Westdeutschland besonders verbreitet, als Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt wurde (§175 StGB). Die Hochzeit dieser Praxis lag in den 1940er bis 1960er Jahren, als gesellschaftliche und rechtliche Zwänge queere Menschen zu solchen Tarnungen zwangen. Auch in späteren Jahrzehnten, insbesondere vor der schrittweisen Entkriminalisierung und Liberalisierung der Gesetze, blieb die Sandgräfin eine wichtige Schutzstrategie. Mit dem Aufkommen von LGBTQ*-Rechten und der gesellschaftlichen Akzeptanz ist die Rolle der Sandgräfin in Deutschland stark zurückgegangen, bleibt jedoch ein bedeutendes historisches Symbol für die Überlebensstrategien der queeren Gemeinschaft.

Und wo passierte es?

Der Begriff „Sandgräfin“ ist spezifisch für Deutschland, wurde aber in ähnlicher Form auch in anderen Ländern verwendet. So dienten beispielsweise in den USA und Großbritannien die sogenannten „Beards“ demselben Zweck. Der Begriff fand vor allem in urbanen Zentren Anwendung, wo die Wahrscheinlichkeit einer sozialen Entdeckung oder Polizeirazzia höher war. Diese Tarnung war jedoch auch in konservativen, ländlichen Regionen notwendig, in denen Gerüchte oder Denunziationen gravierende Folgen haben konnten.

Ähnliche Zeichen

Beard

· USA · 20 Jhd. ·
Sprache
MLM